Bombe oder Blindgänger?

06. Dezember 2014 -

Der kleine Atomphysiker in uns würde ja auch manchmal gerne so abgehobene Forschung wie Otto Hahn oder Lise Meitner betreiben, aber da Bamberger Studierende aufgrund des Studienangebots ihre Stärken in der Regel auf anderen Gebieten haben, bleibt vorerst nur der Anschauungsunterricht im Theater.

Dort wird im Dezember in „Die Bombe“ der Wettlauf um die Atombombe zwischen Deutschland und den Alliierten während des Zweiten Weltkriegs inszeniert. Die Handlung basiert auf den historischen Tatsachen und lässt sich relativ knapp zusammenfassen: Da ist einerseits der Wissenschaftsjournalist Paul Rosbaud, der als Geheimagent das Atomprogramm der Nazis für die Alliierten ausspioniert, welche wiederum unbedingt verhindern wollen, dass die Deutschen die Atombombe zuerst haben. Gleichzeitig machen andererseits deutsche Wissenschaftler um Otto Hahn und Werner Heisenberg große Fortschritte in der Nuklearforschung und tragen so – gewollt oder ungewollt – dazu bei, dass die Nazis dem Bau der Atombombe in großen Schritten näherkommen.

Mit fortschreitender Dauer des Krieges und über sein Ende hinaus drängen sich Hahn und seinen Kollegen, aber auch Rosbaud jedoch immer wieder Fragen nach der Moral auf: Kann man guten Gewissens die Nuklearforschung vorantreiben, wenn man eigentlich deren friedliche Nutzung für den Fortschritt der Menschheit im Sinn hat, gleichzeitig aber vorausahnt, dass sie gerade in Zeiten des Krieges für den Bau von Bomben missbraucht werden könnte? Ist es vertretbar, der anderen Seite geheime Informationen zu liefern, damit diese durch den leidvollen Einsatz der Atombombe weiteres Leid verhindert?

Die ethischen Zweifel, denen die Protagonisten ausgesetzt sind, bieten interessante Ansätze, verlieren sich aber leider unter dem Ballast der fast zweieinhalbstündigen Inszenierung. Die Zuschauer müssen sich auf dem Weg zum Höhepunkt – dem apokalyptisch inszenierten Abwurf der ersten amerikanischen Atombombe über Hiroshima – durch langatmige Mono- und Dialoge kämpfen, die sich immer wieder mit zeitgeschichtlichen Foto- und Audio-Einschüben abwechseln. Sei es eine Radiomeldung zum Attentat des 20. Juli, ein Gespräch zwischen Atomforschern über den Ablauf einer Kernspaltung oder ein Briefwechsel zum geheimnisvollen Thema „Sesam und Lilien“ – nie weiß man so genau, ob das, was da gerade auf der Bühne passiert, für den weiteren Handlungsverlauf relevant sein könnte oder ob es sich einfach nur um einen trivialen Beitrag aus der Kategorie „Wissen für Angeber“ handelt. So bleibt nach dem Theaterbesuch zwar das gute Gefühl zurück, etwas für seine Allgemeinbildung getan zu haben, gleichzeitig wirkt das Stück inhaltlich aber einfach zu überladen.

Wer dennoch Lust hat, sich „Die Bombe“ einmal selbst zu Gemüte zu führen, hat dazu noch an folgenden Terminen im Studio des E.T.A.-Hoffmann-Theaters Gelegenheit: 6.-7., 11.-14., 17.-20. Dezember.

Text: Jörg Welker

Foto: Thomas Bachmann